Reformierte Kirche Bühler

Mittwoch, 21.08.2019

Neulich beim Fotos angucken

In trauter Runde diskutierten wir vor einigen Tagen über meine Fotos. Über das, was und wie ich fotografiere. Wir sprachen auch über die Wirkung von Fotos. Und über das, was ein gutes Foto von einem nicht ganz so guten unterscheidet.

Wir sprachen vor allem über Portraits. Also Fotos von Menschen. Und wir waren uns schnell einig: Neben allem, was technisch wichtig ist, spiegelt ein gutes Foto auch etwas von der Beziehung des Fotografen zum Fotografierten. Da muss irgendein Funke springen. Sonst ist es vielleicht ein hübsches Bild. Aber es erzeugt keine Resonanz. Es bleibt beliebig. Massenware. So kann auch ein Foto vom allerschönsten Gesicht trotzdem kalt und belanglos sein. Wenn aber zwischen Fotograf und Fotografiertem eine Resonanz stattfindet, dann kann sie auch zwischen Bild und Betrachter entstehen. Dann schwingt sie quasi weiter von der einen Beziehung auf die andere. Peter Lindbergh ist für mich einer der Fotokünstler, der das ganz wunderbar kann.

Beim Fotografieren von Portraits geht es um Intimität, Vertrautheit. Und das ist eigentlich die grösste Herausforderung beim Fotografieren. Wenn ich einen Fototermin habe, dann verbringe ich bei der ersten Begegnung meistens eine Stunde damit, dass wir irgendwie zusammen warm werden. Einen Kaffee trinken. Geschichten erzählen. Gucken, wo wir „connecten“, wie das heute so schön heisst. Erst dann hole ich meine Kamera aus der Tasche und mache Fotos. Das kann dann relativ schnell gehen. Je nachdem, um was es geht.

Was meine Fotos dann später beim Betrachter auslösen, liegt nur begrenzt in meiner Hand. Da spielt vor allem das Leben des Betrachters eine Rolle. Das, was bei ihm in Schwingung kommt. Worauf er anspringt. Da geht es um seine Lebensgeschichte.

Spannend finde ich das, was jeweils „dazwischen“ stattfindet, in dem Resonanzraum. Zwischen dem Fotograf und dem Fotografierten. Zwischen dem Bild und dem Betrachter.

Für mich hat das viel mit Gott zu tun. Gott als das, was zwischen Menschen spielt. Das, was sich zwischen dem Betrachtetem und dem Betrachter auch in der Meditation ereignet. Mein alter Professor Alfred Jäger hat dazu einen ganz schönen Satz geschrieben, dem ich schon lange hinterher spüre. Er scheibt: „In Gottes Insistenz wirkt eine bedingungslose Liebe zum Leben, die als das stille Zwischen zwischen Lebewesen steht und einen gegenseitigen Umgang in dieser Liebe ermöglicht.“ Wenn etwas davon in meinen Fotos deutlich wird, habe ich einen guten Job gemacht.

Lars Syring

Pfarrer in Bühler